Gemeinschaftsausstellung im Historischen Museum im Marstall Paderborn und im Mainfränkischen Museum Würzburg
2008
© Fotos: Wolfgang Noltenhans und Fotostudio Henke
Das frühe Mittelalter, die Zeit vom 6. bis 10. Jahrhundert, war geprägt von tiefgreifenden Umbrüchen. Die Christianisierung, die Eingliederung großer Gebiete in das europaweit bedeutende Reich der
Franken und die damit verbundenen dramatischen Veränderungen in Gesellschaft und Privatleben kennzeichnen diese Epoche. Die großen Siedlungsplätze Balhorn bei Paderborn und Karlburg bei Würzburg
zeugen von dieser bewegten Zeit.
Der erste Ausstellungsteil - Eine neue Zeit - gliederte sich in zwei Themenbereiche: der weltliche Teil "Herrschaft und Elite" verwies anhand von hochwertigen Waffen, Reitersporen und anderen Ausrüstungsteilen auf die Anwesenheit von Kriegern der Adelsschicht. Der geistliche Teil "Christentum und Missionierung" zeigte reiche Gräber sowie Amulette, Broschen mit christlichen Symbolen, prunkvolles liturgisches Gerät.
Die differenziert strukturierten Räume des Hauptbaus mit den Ziegelbögen und -decken sowie den feingliedrigen Säulen und Kapitellen bot hier den geeigneten Rahmen für eine Darstellung, die die Assoziation zu einer Schatzkammer erlaubte. Starkfarbige Hintergründe mit Bildmotiven aus dem reichen Schatz der Tierdarstellungen des Tassilostils bildeten die optische Klammer für die Präsentation der oft sehr kleinteiligen Objekte.
Der zweite Ausstellungsteil - Zentrum und Ferne - widmet sich der Mobilität im frühren Mittelalter.
Der Ort Balhorn lag genau am Schnittpunkt des berühmten Hellwegs, der wichtigsten West-Ost-Verbindung des Kontinents, mit dem Frankfurter Weg, einer vom Mittelrhein über Hessen nach Norden
zielenden Fernstraße. Der Hellweg durchquerte den Ort in West-Ost-Richtung in Form von zwei 11 m breiten Straßen mit 70 m Abstand. Ein immenses Stück dieser Strasse ist während einer archäologischen
Grabung freigelegt worden. Es zeigt die Steinschicht aus der Zeit des 12. und 13. Jahrhunderts, welche nicht nur durch die Fahrspuren mittelalterlicher Wagen und zahlreiche Hufeisen eine hohe
Verkehrsintensität zeigt. Auch die Reisenden werden durch Fundobjekte konkret fassbar: der Pilger, der Kaufmann, der Adlige, der Spielmann.
Der bogenförmige Raum des Marstalls mit seinen groben Bauteilen und Oberflächen bot hier den geeigneten Rahmen für eine szenische Darstellung: ein extrem hoch aufgelöstes Foto bildete maßstäblich
einen Teil der Strasse ab, begleitet von einer segmentierten Illustration, die ein Lebensbild der Zeit vermittelte, basierend auf Forschungsergebnissen zu Bautechnik, Handwerk, Kleidung. Das Begehen
der Szenerie war ein eindrucksvolles Erlebnis, es erzeugte die Illusion, jeden einzelnen Stein zu spüren.